Anne Tyler, Drei Tage im Juni
aus dem Amerikanischen von Michaela Grabinger, erschienen bei Kein & Aber
Für Max und Gail, ein seit langem geschiedenen Paar Ende fünfzig, steht die Hochzeit ihrer Tochter Debbi an. Beide wollen daran teilnehmen. Max reist an und will ursprünglich bei seiner Tochter übernachten. Da er aber eine Hauskatze mitführt und der Bräutigam an einer Allergie leidet, muss er sich bei seiner Exfrau Gail einmieten. Sie ist davon alles andere als begeistert, denn ihr Leben läuft seit der Trennung in ruhigen, emotionslosen Bahnen. Zähneknirschend willigt sie ein. Am Vortag der Trauung wird die Hochzeitszeremonie geprobt mit Pastor, allen Gästen, Brautstrauß und Sitzplatzanweisung. Hier zeigt sich zum ersten Mal, das Gail und Max noch einiges verbindet. Beide lassen das Ganze milde lächelnd und stoisch über sich ergehen. Bei diesem Treffen wird ein Gerücht gestreut: Der Bräutigam soll untreu gewesen sein. Das Brautpaar hat das Problem allem Anschein nach bereits selbst unter sich geklärt, doch Gail wird von Unruhe geplagt und möchte ihre Tochter vor einer Fehlentscheidung bewahren. Max hält nichts davon, sich in das Leben seiner Tochter einzumischen. Gemeinsam müssen sie sich mit der Frage der Treue des Bräutigams auseinandersetzen und damit, ob Vertrauen auch nach Jahren wiederhergestellt werden kann. Am Ende der drei Tage sind sich beide näher, als sie es für möglich gehalten hätten.
Die 1941 geborenen amerikanischen Autorin Anne Tyler, die unter anderem Trägerin des Pulitzerpreises ist, veröffentlichte dieses Buch im vergangenen Jahr. Der Roman war eine angenehme Lektüre und wird mir lange im Gedächtnis bleiben, gerade weil er mit keinem spektakulären Plot aufwarten kann. Wer einen guten Unterhaltungsroman sucht, wird hier fündig werden.
Marlies Günther [Februar 2025]