03437 / 91 79 63
  Mo -Fr
Sa
9.00 - 18.00 Uhr
9.00 - 14.00 Uhr

Thomas Ziebula, Engel des Todes

erschienen im Wunderlich Verlag

März 1920: Kriminalinspektor Paul Stainer hat in seinem Leben als Kriminalist und als Soldat an der Front schon viel gesehen, doch der Anblick des Tatorts in einem Mietshaus im Leipziger Stadtteil Plagwitz lässt ihn erschaudern. Der Mörder muss mit kaltblütiger Grausamkeit vorgegangen und von enormem Hass übermannt worden sein. Wenige Tage später wird ein weiterer Toter gefunden und der Kriminalinspektor erkennt schnell die Parallelen zum Plagwitzer Mord: Die Opfer waren Männer mittleren Alters, die allein lebten, und die in der Fliegerstaffel Manfred von Richthofens im Ersten Weltkrieg gedient hatten. Stainer und sein Assistent beginnen gezielt zu ermitteln, doch die Ereignisse überschlagen sich in mehrfacher Hinsicht: Der Mörder hat noch weitere Namen auf seiner Todesliste. Stainer erkennt bald, dass er einen Täter verfolgt, der in seiner Vergangenheit selbst zum Opfer wurde. Nicht nur der Mörder, auch Stainer selbst, seine Kollegen und viele weitere Figuren dieses gelungenen Romans zeigen uns Lesern, was Kriege in den Seelen der Menschen anrichten, die sie durchmachen müssen.

Thomas Ziebula setzt in diesem dritten Band seiner Krimireihe um Kriminalinspektor Paul Stainer erneut dem historischen Leipzig ein Denkmal – einer der vielen Städte, deren Antlitz durch den zweiten Weltkrieg stark verändert wurde. So wandert man beim Lesen nicht nur durch eine spannende Kriminalgeschichte mit psychologisch fein gestalteten Figuren und deren erschütternden – weil historisch plausiblen – Biografien, sondern man erlebt auch den Glanz und das Elend der Messemetropole Leipzig in den wilden 20er Jahren.

 

Ines Klisch [2022]


Doris Dörrie, Die Heldin reist

erschienen im Diogenes Verlag

Doris Dörrie hat uns immer mit ihren menschenverbindenden, weltoffenen Büchern und Filmen bestens unterhalten. Reisen ist ihr immer als Chance erschienen, über den Tellerrand hinaus zu blicken. In ihrem neuen Buch „Die Heldin reist“ erzählt sie uns von drei Reisen, die sie 2019 machte: nach Marokko, Japan und San Francisco. „Die Welt erschein mir ein aufregender, aber prinzipiell freundlicher Ort zu sein, den ich nur zu durchwandern hätte, um zu lernen und zu wachsen.“

Es ist also ein autobiografisches und sehr authentisches Buch. Vielleicht musste auch erst die Pandemie kommen, damit dieses Buch entstehen konnte, denn in der Regel verbringt Doris Dörrie kaum mehr als drei Monate im Jahr in Deutschland. Zu den beeindruckendsten Geschichten in diesem Buch gehört die über Tatsu, eine befreundete Japanerin, die an der Musikhochschule Hannover studiert und die eine schmerzhafte Affäre mit einem Gesangslehrer hatte. Für Tatsu, die sich nach allen Regeln der Kunst in Deutschland integrierte, blieb dieses Land immer ein seltsamer Kosmos, in dem sie sich als exotischen Fremdkörper erlebte.

Dörrie erzählt auch bestechend uneitel über ihre eigenen Ängste und selbstreflektierten Unzulänglichkeiten – Dinge, die man bei einer solch starken und charismatischen Frau nie vermutet hätte. Ein mutmachendes Buch für neugierige Frauen und andere Leute, die unterwegs sind in der Welt oder auch nur im eigenen Leben.

Barbara Weil [2022]


Wolf Haas, Müll

erschienen im Hoffmann und Campe Verlag

Der neue Brenner ist da. Mit sehr makabrem Humor, schrulligen Figuren und dem typisch seltsamen Sprachgebrauch stellt der österreichische Autor Wolf Haas seinem Ermittler Simon Brenner eine neue Herausforderung. Diesmal gerät der Brenner, der ausgestiegen ist aus dem Kriminalerberuf und daher nun bei der Müllabfuhr beschäftigt ist, ein eine Organhandelsgeschichte. Ein grausiger Leichenfund auf dem Mistplatz (wienerisch für Wertstoffhof) bringt ihn daher mit einem ehemaligen Kollegen zusammen, den der Brenner damals in seiner Zeit bei der Kripo ausgebildet hat. Nicht nur der alten Zeiten wegen, sondern auch weil es einfach so geschieht, steigt Brenner in die Ermittlungen ein – obwohl er doch eigentlich nie wieder ermitteln wollte.

Wie schon die vorherigen Fälle seines Kriminalbeamten, Privatermittlers, Krankenwagenfahrers und nun Müllarbeiters Brenner hat Wolf Haas auch diesen Roman komplett in der typischen verwurschtelten Brenner-Sprache verfasst: Umgangssprachlich, in Halbsätzen und mit wienerischen Ausdrücken angereichert. Das macht das Lesen nicht etwa schwieriger, sondern gibt diesen Kriminalgeschichten noch einen weiteren besonderen Reiz. Sprache wird hier zu einem entscheidenden Mittel, um Stimmung und Figuren darzustellen und fast schon zu überzeichnen. Das Ganze kombiniert Haas mit einem schwarzen Humor, den man in der deutschsprachigen Literatur selten findet. Die Krönung ist es, einen der Brenner-Romane vorgelesen zu bekommen – besonders, wenn der Autor selbst liest. Nutzen Sie die Gelegenheit, wenn sie sich bietet!   Diese außergewöhnlichen Krimis wurden bereits dreimal mit dem Deutschen Krimipreis und Wolf Haas‘ gesamtes literarisches Werk mit vielen weiteren Preisen ausgezeichnet.

Ines Klisch  [2022]


Edgar Selge, Hast Du uns endlich gefunden

erschienen im Rowohlt Verlag

Aus einem Stapel Neuerscheinungen habe ich mir willkürlich ein Buch gegriffen, dessen Cover eine wohltuende unaufgeregt Gestaltung hat. In einer ruhigen klaren Sprache sinniert der Erzähler darin über seine Kindheit in der Provinz des Nachkriegsdeutschlands. In einer Schlüsselszene berichtet er von einem Traum, in welchem er sehnsüchtig seine alten Eltern sucht. Als er seine alte Mutter findet, schaut diese ihn liebevoll an und er fühlt „… ein unbeschreibliches Glück.“ Sie sagt: „Hast du uns endlich gefunden“.

Im Fokus des Buchs stehen Selges Eltern, die beide Berliner Beamten- bzw. Musikerfamilien entstammen. Die elterliche Wohnung befindet sich in einer Jugendstrafanstalt, da der Vater der Anstaltsdirektor ist. Nach außen pflegt die Familie eine humanistische, bürgerliche Fassade. Beide Eltern spielen ein Instrument, der Vater Klavier und die Mutter Geige. Auch die drei Geschwister erhalten eine musikalische Ausbildung. Es gibt Hauskonzerte für die Häftlinge – „Wir wollen doch jedem eine Chance geben…“. Nach und nach erfährt der Leser, dass der Vater eng mit den Nationalsozialisten vernetzt war und wahrscheinlich ein höheres juristisches Amt bekleidet hatte. Nach Kriegsende konnten sich die Eltern mit Ach und Krach aus dem zerbombten Berlin in die Provinz absetzen. Selbst im hohen Alter huldigen sie ihrer deutsch-nationale Gesinnung und achten streng auf Sitte und Moral. Sie versuchen ihren Kindern diesen „Anstand“ weiterzugeben.

Aber der Jüngste rebelliert  Er lügt, er stiehlt, er schleicht sich nachts heimlich aus dem Haus, um die amerikanischen Hollywoodfilme im Kino anzusehen, die in den Augen der Erwachsenen unsittlich sind. Das bleibt nicht verborgen und es setzt auch jedes Mal eine gehörige Tracht Prügel.

Erst nach dem Lesen ist mir aufgefallen, dass es sich bei Edgar Selge um einen bekannten Schauspieler handelt. „Hast Du uns endlich gefunden“ ist ein ernstzunehmendes und beeindruckendes literarisches Debut, welches mir sehr gefallen hat.

Marlies Uhde [2022]


Anthony Doerr, Wolkenkuckucksland

erschienen bei C.H.Beck

Mit „Wolkenkuckucksland“, einem herausragenden Schmöker dieses Leseherbsts, hat Anthony Doerr ein faszinierendes und fesselndes Buch geschrieben, dessen vielschichtiger Inhalt kaum kurz zusammenzufassen ist. Die Handlung ist in mehrere Erzählstränge aufgeteilt, die sich über einen geschickten Kniff des Autors miteinander verbinden:

Die dreizehnjährige Anna arbeitet im Konstantinopel des Jahres 1453 als Stickerin für den strengen Kalaphates. Die Sarazenen stehen vor den Toren Konstantinopels und Anna ist nur allzu klar, dass die alten Mauern der Stadt dem Heer des Sultans nicht standhalten können.

An einem schicksalhaften Abend im 21. Jahrhundert treffen in Lakeport, Idaho der Rentner Zeno und der etwa sechzehnjährige Seymour aufeinander. Während Zeno im Oberstock der Stadtbibliothek mit einer Kindergruppe ein Theaterstück probt, platziert Seymour im Erdgeschoss eine Bombe.

Seit mehr als sechzig Jahren ist das Raumschiff Argos schon unterwegs, um auf einem erdähnlichen Planeten eine neue menschliche Zivilisation zu begründen. Die Erde ist mittlerweile nahezu unbewohnbar geworden und die Argos trägt, gebündelt in einer selbständigen künstlichen Intelligenz, eine Art kulturelles und biologisches Gedächtnis in die Zukunft. Durch eine tragische Entwicklung ist die fünfzehnjährige Konstance die scheinbar letzte Überlebende der Besatzung und allein mit ihrer Verzweiflung – und dem Wissensschatz.

Changierend zwischen historischem Roman, sozialkritischer Gegenwartsbeschreibung und Dystopie war es sicherlich kein leichtes Unterfangen, diese Stränge miteinander zu einem Roman zu verbinden. Das gelingt Anthony Doerr doch durchgängig überzeugend: Eine Erzählung eines antiken Autors verbindet die drei Romanebenen. Antonius Diogenes Bericht über die abenteuerliche Reise des Hirten Aethon in die Wolkenstadt ist eine Schelmengeschichte, die ihrem Publikum zeigt, dass das scheinbar Unmögliche doch möglich werden kann. Die drei Protagonisten von Anthony Doerrs Roman tragen in ihrer jeweiligen Zeit dazu bei, dass die Erzählung vom Wolkenkuckucksland nicht in Vergessenheit gerät und ihre hoffnungsspendende Botschaft weiter tragen kann. „Wolkenkuckucksland“ ist ein abwechslungsreiches Leseerlebnis für alle ab 14 Jahren.

Ines Klisch [2021]


Buchhandlung Bücherwurm
Inhaberin: Ines Klisch
Lorenzstraße 21
04668 Grimma
 
Telefon:
Fax:
E-Mail:
03437 / 91 79 63
03437 / 91 09 71
buecherwurmklisch@t-online.de
 
Geschäftszeiten:
Mo -Fr
Sa
9.00 - 18.00 Uhr
9.00 - 14.00 Uhr

Unser Service für Sie



24-Stunden-Bestellservice
– Bücher • Filme • Musik –
Lieferbarkeit vorausgesetzt

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.