T.C. Boyle, No Way Home
aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren, erschienen im Hanser Verlag
T.C. Boyle, einer der großen Kritiker der amerikanischen Gesellschaft, widmet sich in seinem neuen Roman nicht dem Thema Klimawandel oder sozialpolitischen Themen. In „No Way Home“ geht es um eine Dreiecksbeziehung, um das Chaos, das Menschen einander antun, wenn Emotionen unkontrolliert die Oberhand gewinnen.
Terry, 31 Jahre alt, angehender Assistenzarzt in Los Angeles, kommt nach Boulder City in der Nähe von Las Vegas, um den Nachlass seiner Mutter zu klären. Diese hat ihm nach ihrem plötzlichen Tod ein kleines Häuschen samt Hündin Daisy hinterlassen. In einer Bar begegnet er Bethany, eine unabhängige junge Frau, hinreißend schön, die an der Rezeption des örtlichen Krankenhauses arbeitet. Sofort flirrt die Luft und sein exakt durchkalkulierter Zeitplan löst sich in Luft auf. Doch bald taucht ein Gegenspieler auf, der Ex-Lover von Bethany, ein Biker mit kurzgeschorener Frisur, ein tätowiertes Raubein und somit so ziemlich das Gegenteil von Terry, dem planvoll durchstrukturiertem Pragmatiker. Jesse lässt es sich nicht nehmen, das Greenhorn aus L. A. eindrücklich zu warnen: Das wird Ärger geben, und es gibt bald Ärger! Aber der Antiheld Terry lernt sich zu wehren…
T.C. Boyle erzählt diese Geschichte aus der Perspektive seiner zentralen Figuren. Die männlichen Revierkämpfe wirken fast animalisch und Bethany, hin und hergerissen zwischen den zwei Charakteren, verliert die Erdung und lässt sich mitreißen in Ihrer Überforderung und Abhängigkeit. Jeder hat hier seine eigene Wahrheit. T.C. Boyle überlässt dem Leser, sicherlich augenzwinkernd, das Urteil zwischen Emotionalität, Passivität und körperlicher Gewalt und schafft hier wohl doch einen Vergleich mit dem heutigen Amerika.
Barbara Weil [Oktober 2025]