Nikoletta Kiss, Rückkehr nach Budapest
erschienen im Insel Verlag
Marta und ihre Cousine Teresa wachsen gemeinsam im sozialistischen Ungarn in der Nähe des Balaton auf. Gemeinsam verbringen sie die unbeschwerten Sommer der Kindheit. Theresa geht in den 80er Jahren mit Ihrem Vater nach Ostberlin, denn er nimmt dort eine Stellung im diplomatischen Dienst an. Ohne Theresa fühlt sich Marta einsam, besonders weil ihre Mutter kurzerhand die Familie verlassen hat und Marta nun allein die Verantwortung für ihren alkoholkranken Vater hat.
Nachdem Marta ihr Abitur geschafft, reist sie kurzerhand nach Berlin zu Theresa. Die beiden erobern gemeinsam den Prenzlauer Berg, den Teil Berlins, der vor der Wende ein Kaleidoskop von künstlerischer Bohème, politischen Statements und Partys war. Bei einer Lesung in einer Hinterhauswohnung lernen sie den Dichter Konstantin Berger kennen. Eine geheimnisvolle Aura umgibt ihn, denn er schreibt ein Buch, über das er nicht spricht. Beide verlieben sich in ihn, was zu einem komplexen Liebesdreieck führt. Als Theresa verhaftet wird, weil sie Konstantins Manuskript nach Westberlin schmuggeln will, entsteht zwischen Konstantin und Marta eine gefährliche Nähe, die Marta noch Jahrzehnte später verfolgt.
Die Autorin verwebt hier geschickt persönliche Beziehungen mit der politischen Lage und zeigt, wie äußere Umstände und innere Konflikte menschliche Beziehungen prägen. Menschen werden gezwungen, Entscheidungen zu treffen, die sie sonst nie getroffen hätten, was zum Beispiel zu Theresas Verhaftung führte. Nikoletta Kiss verwebt all diese Facetten zu einem sehr berührenden Roman, der einen tiefen Blick in die Vorwendezeit erlaubt.
Barbara Weil [Mai 2025]