Domenico Müllensiefen, Aus unseren Feuern
erschienen im Kanon Verlag
Das Debut „Aus unseren Feuern“ des Leipziger Autors Domenico Müllensiefen zu besprechen ist eine Herausforderung. Es fiele leicht, den Roman dabei in eine Schublade zum Beispiel mit der Aufschrift „Freundschaftsgeschichte“ oder „Nachwenderoman“ oder „Arbeiterliteratur“ zu stecken, würde diesem großartigen Buch aber keinesfalls gerecht.
Die Handlung ist schnell erzählt: Bei einem Verkehrsunfall auf der geraden Strecke einer Landstraße östlich von Leipzig stirbt Thomas, ein noch junger Mann. Der Bestatter Heiko, der den Toten vom Unfallort abholen soll, erkennt in ihm seinen Jugendfreund wieder, mit dem er seit einigen Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Nun hat Heiko die emotional schwierige Aufgabe, die Beerdigung vorzubereiten. Während dessen erinnert er sich an die gemeinsame Zeit mit seinen zwei Freunden Thomas und Karsten in Leipzig Anfang der 2000er Jahre.
Was Müllensiefen aus diesem Plot macht ist mehr als bemerkenswert und hallt nach der Lektüre noch lang nach. Die Ereignisse des Romans entwickeln vor allem in der Figurenrede eine starke szenische Kraft. Sie schleudern die Leserschaft mitten hinein in die Welt dieser drei jungen Männer, deren Lebensdrang durch ihr Umfeld und das, was das Leben ihnen zumutet, immer wieder unterbrochen wird.
Freundschaftsgeschichte, Nachwenderoman, Arbeiterliteratur – „Aus unseren Feuern“ ist all das und noch viel mehr, vor allem aber ein berauschendes Leseerlebnis. Im Februar 2023 ist das Taschenbuch erschienen.
Ines Klisch [2022]